Ehrfurcht ist eine eigenartige Furcht, eine Furcht, zu der man Mut braucht,
den Mut, der auch der Demut zu eigen ist;
„Dien-Mut“, Mut zu dienen;
Mut, sich zu verschenken.
Nur, was wir verschenken, wird so wirklich unser eigen.
Aber unsere größte Angst ist es, uns selbst zu verlieren. Daher ist auch der Mut, der diese Angst überwindet, Groß-Mut.
So groß ist der Mut zur Ehrfurcht, dass er jede andere Furcht austreibt.
Die Ehrfurcht findet sich im Verschenken.
Und weil sie sich so gefunden hat, weiß sie, dass nichts uns schrecken darf;
weiß, dass wir daheim sind, hier und dort und überall.
Darum singt die Ehrfurcht:
….mein Herz soll sich fort und fort
An diesem und an allem Ort
Zu Deinem Lob sich neigen. (Textzeile aus Paul Gerhards Lied: „Geh aus mein Herz“)
………
Und dieses dankbare Singen ist unwiderlegbar sinnvoll.
Es hat einen Sinn, den nichts in der Welt in Frage zu stellen vermag.
……
Angst pfeift in Finsternis, aber Ehrfurcht singt. Nach diesem Singen sehnt sich unser Herz.
David Steindl-Rast OSB, Achtsamkeit des Herzens, 2013, S.57f