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2025/01 Ziel

Wieder und wieder finden wir in der Bibel ein Bild für die Abenteuer des Herzens: das Bild des Weges. Das Bild erhält noch tiefere Bedeutung, wenn wir uns daran erinnern, dass in der Bibel Weg immer Pilgerweg bedeutet. Es ist der Weg, auf dem uns überraschenderweise der nächste Schritt schon zum Ziel führen kann, während das Ziel sich, auf ebenso überraschende Weise, als nur der nächste von vielen weiteren Schritten herausstellen kann. Das Bild des Weges sagt uns, dass wir uns nicht fürchten müssen, die Ungebundenheit der Suche zu verlieren, selbst wenn wir finden. Wir müssen uns aber auch nicht fürchten, die Freude am Gefundenen zu verlieren, selbst wenn die Suche immer weiter geht. (...)

Früher oder später werden wir erkennen, dass nicht unser Finden wirklich zählt, sondern unser Gefundenwerden. Wir werden sehen, dass es nicht darauf ankommt, dass wir den Weg kennen, sondern dass wir an unserem Gehen erkannt werden. Biblisch ausgedrückt heißt das: "Es kennt der Herr den Weg der Gerechten" (Psalm I,6) und das ist es, was zählt.

Als Pilger haben wir ein Ziel. Aber der Sinn unserer Pilgerschaft hängt nicht davon ab, dass wir dieses Ziel erreichen. Wichtig ist, dass wir in unserer Hoffnung offen bleiben, offen für die Überraschung, denn Gott kennt unseren Weg viel besser als wir selbst. In diesem Wissen kann unser Herz Ruhe finden, auch während wir weiterwandern.


aus: Perlen der Weisheit - die schönsten Texte von David Steindl-Rast, 2010, S. 151

oder auch zu finden im Buch: Fülle und Nichts, S. 114f

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