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2025/11 Dankbares Lebensvertrauen

Was also von uns gefordert wird, ist nicht, Mühe und Anstrengung aufzubringen, um etwas zu erreichen, sondern nur Offenheit und Bereitschaft, dem Geschenk auf seine Art und Weise gerecht zu werden. Aber "wir sind die Treibenden" (I,22), wir sind die Macher, und darum fällt uns nichts so schwer, wie der paradoxen Forderung des Daodejing gerecht zu werden: "Nicht-Tun tun!"

Wie aber kann man das "Nicht-Tun" tun? Der bloße Gedanke scheint uns auf den ersten Blick als innerer Widerspruch. Widersprüchlich ist aber auch, dass wir uns irgendwie verpflichtet fühlen, ständig einzugreifen, anstatt zu bewundern, wie sich das Leben entfaltet. Und nur dort zu handeln, wo es das offenbar von uns verlangt. Wir sprechen sogar von Vorgängen, auf die wir gar keinen Einfluss haben, als wären sie unsere Aufgabe - etwas in der Redewendung: "Ich muss jetzt mein Mittagessen verdauen." Das tut doch das Leben für dich.

Du brauchst nur dein Tun-Wollen loszulassen! Das fällt uns schwerer als alles andere Tun. Das "Loslassen" ist aber das einzige Tun, das der Forderung gerecht wird: "Nicht-Tun tun!"

Wenn der Dichter uns also auffordert: "Sei allem Abschied voran", "wolle die Wandlung", "meide den Irrtum...", dann geht es immer ums Loslassen - von Bindungen, Gewohnheiten, von Vorstellungen im Vertrauen auf die Intelligenz des Lebens. Sie wirkt in der Gestaltung aller Lebensformen und in deren Verhalten - auch in uns.


aus: David Steindl-Rast, Alexandra Kreuzeder, Herzwerk, 2025, S. 167/168

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